Menschen, die ortsungebunden arbeiten, sind produktiver als Menschen, die an ein bestimmtes Büro gebunden sind (zeigen Studien wie diese, diese oder diese).
Nicht ganz offensichtlich ist, warum das so ist.
Klar, durch den Wegfall der Pendelzeit im Berufsverkehr gewinnt man Zeit und hat mehr Ruhe. Die typischen Ablenkungen eines Großraumbüros können vermieden werden. Außerdem wird das Gefühl der eigenen Kontrolle über den Arbeitstag wiedererlangt. Man hat mehr Zeit für Familie, Freund*innen und Hobbys.
Doch abgesehen vom Pendeln sind all diese Vorteile nicht unbedingt die Folge der Ortsungebundenheit. Sie sind eher ein Nebenprodukt der asynchronen Kommunikation, die den Mitarbeitenden die Kontrolle darüber gibt, wann sie mit den anderen im Team kommunizieren.
Zwar sehe ich ortsungebundenes Arbeiten als zukunftsweisend, asynchrone Kommunikation halte ich jedoch für bedeutender in Hinblick auf Teamproduktivität, unabhängig davon, ob das Team dezentral organisiert ist oder nicht.
Viele Führungskräfte spielen mittlerweile mit dem Gedanken, sich für ein mobiles und ortsungebundenes Arbeitsmodell zu öffnen. Kaum jemand macht sich aber Gedanken über eine Arbeitskultur, die auf Asynchronität setzt. Zwar sehe ich ortsungebundenes Arbeiten als zukunftsweisend, asynchrone Kommunikation halte ich jedoch für bedeutender in Hinblick auf Teamproduktivität, unabhängig davon, ob das Team dezentral organisiert ist oder nicht. Asynchrone Kommunikation führt zu ausgezeichneten Arbeitsergebnissen. Sie eröffnet Menschen die Möglichkeit, sich sinnstiftenden Aufgaben zu widmen und ein freieres und erfüllteres Leben zu führen.
Aufbauend auf meinen Erfahrungen mit meinem eigenen dezentralen und überwiegend asynchronen Unternehmen Doist, möchte ich in diesem Artikel erläutern, was asynchrone Kommunikation ist, wie diese Art der Kommunikation Produktivität im Team steigert und welche konkreten Schritte du unternehmen kannst, um einen Arbeitsplatz zu schaffen, der Asynchronität in den Vordergrund stellt.
Was ist asynchrone Kommunikation?
Einfach gesagt: Asynchrone Kommunikation ist, wenn du eine Nachricht verschickst, ohne sofort eine Antwort zu erwarten. Zum Beispiel schickst du mir eine E-Mail und ich öffne und beantworte sie einige Stunden später.
Synchrone Kommunikation hingegen ist, wenn du eine Nachricht an eine Person verschickst und diese die empfangenen Informationen sofort verarbeitet und direkt eine Antwort verfasst. Kommunikation durch persönliche Begegnung wie bei Meetings ist ein Beispiel für eine rein synchrone Kommunikation. Du sagst etwas, ich erhalte zeitgleich die Informationen und reagiere sofort darauf.
Allerdings können digitale Kommunikationsformen wie Echtzeit-Chats auch synchron ablaufen. Du schickst mir eine Nachricht, ich erhalte eine Benachrichtigung darüber, öffne Slack, um die Nachricht zu lesen, und antworte nahezu in Echtzeit auf das, was du geschrieben hast. Selbst E-Mails werden weitgehend als eine synchrone Kommunikationsform behandelt. Eine Studie aus dem Jahr 2015, die von Yahoo Labs durchgeführt wurde, hat ergeben, dass die Antwortzeit auf E-Mails in der Regel nur zwei Minuten beträgt.
Wir werden uns noch näher mit den Vorteilen einer möglichst asynchronen Zusammenarbeit im Team beschäftigen. Vorher schauen wir aber, warum wir die überwiegend synchronen Arbeits- und Kommunikationsweisen von heute infrage stellen sollten.
Die Probleme permanenter Kommunikation in Echtzeit
Wenn Mitarbeitende außerhalb des eigentlichen Arbeitsplatzes durchweg produktiver sind, dann stimmt mit der modernen Arbeitswelt irgendwas nicht.
Laut dem Artikel „Collaborative Overload“ (Kollaborative Überlastung) aus dem Harvard Business Review ist die Zeit, die Mitarbeitende für die Zusammenarbeit im Team aufwenden, in den letzten zwei Jahrzehnten um 50 % gestiegen. Forschende haben herausgefunden, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass Beschäftigte ganze 80 % ihres Arbeitstages dazu nutzen, mit anderen Teammitgliedern per E-Mail, in Meetings und neuerdings auch über Instant-Messaging-Apps zu kommunizieren (E-Mails machen durchschnittlich sechs Stunden pro Tag aus, Meetings nehmen durchschnittlich 15 % der Zeit eines Unternehmens in Anspruch und Slack-User verschicken im Durchschnitt jeweils 200 Nachrichten pro Tag, obwohl User, die 1000 Nachrichten verschicken „keine Ausnahme“ sind).
Wie ein Slack-User dem New York Magazine erzählte: „Früher bin ich immer aufgewacht, habe den Wecker ausgeschaltet und Tinder gecheckt. Jetzt wache ich auf und checke Slack.“
Diese Tendenz zu einer nahezu permanenten Kommunikation bedeutet, dass Wissensarbeitende ihren Arbeitstag in der Regel um mehrere Meetings herum organisieren müssen. Dabei fehlt ihnen zwischen den Meetings die Konzentration, weil sie beim Arbeiten mit einem Auge auf ihre E-Mails und Slack schauen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Arbeitskommunikation mit dem zunehmenden Einsatz mobiler Technologie nicht mehr nur auf den physischen Arbeitsplatz oder die Arbeitszeiten beschränkt ist. Wir können zu jeder Zeit, ob Tag oder Nacht, E-Mails abrufen und auf Nachrichten antworten, und machen es auch. Dadurch schalten wir nie richtig ab. Wie ein Slack-User dem New York Magazine erzählte: „Früher bin ich immer aufgewacht, habe den Wecker ausgeschaltet und Tinder gecheckt. Jetzt wache ich auf und checke Slack.“
Diese hochgradig synchrone Arbeitsweise wäre durchaus nachvollziehbar, wenn sie zu Ergebnissen führen würde. Doch gibt es immer mehr Anzeichen dafür, dass durch den erhöhten Aufwand bei der Echtzeit-Kommunikation die Konzentration leidet. Außerdem werden die mentalen Kapazitäten der Mitarbeitenden strapaziert und es ist generell schwieriger, bedeutende Fortschritte bei der Arbeit zu erzielen.
Ich habe schon an anderer Stelle ausgeführt, warum wir nicht auf Echtzeit-Chats für Teams setzen, aber es lohnt sich, die dort aufgezeigten Kernprobleme zusammenzufassen und auf die meisten synchronen Kommunikationsformen zu übertragen. Permanente Kommunikation in Echtzeit…
🛎…führt zu ständigen Unterbrechungen. Durch Unterbrechungen wird unsere Aufmerksamkeit aufgespalten, wodurch es wiederum schwieriger wird, bedeutende Fortschritte bei der Arbeit zu erzielen. Kognitiv anspruchsvolle Aufgaben mit hoher Wertschöpfung – wie Programmieren, Schreiben, Gestalten, Strategien entwickeln und Probleme lösen – erfordern Deep Work, also längere Phasen konzentrierten Arbeitens. Synchrone Kommunikation macht das Festlegen von Zeitblöcken, in denen ungestört gearbeitet werden kann, unmöglich.
🗣…legt mehr Wert darauf, verbunden zu sein als produktiv zu sein. In Echtzeit-Umgebungen werden Anreize geschaffen, jederzeit verbunden und verfügbar zu bleiben. Wenn du offline gehst, laufen jegliche Diskussionen weiter, ohne dass du überhaupt noch eine Möglichkeit hast, später daran teilzunehmen, geschweige denn einen Überblick über die weitergeführten Diskussionen zu gewinnen. Um wichtige Entscheidungen und Diskussionen nicht zu verpassen, versucht man, immer online zu sein und an so vielen Besprechungen wie möglich teilzunehmen. Das beeinträchtigt sowohl Wohlbefinden als auch Produktivität.
😰…erzeugt unnötigen Stress. Die Erwartung, ständig verfügbar zu sein, bedeutet, dass Teammitglieder keine Kontrolle über ihre persönlichen Zeitpläne haben. Sie verbringen ihren Arbeitstag damit, auf Anfragen zu reagieren, anstatt in Eigeninitiative ihre Tagesordnung selbst zu bestimmen. Laut einer Studie kompensieren Menschen Zeit, die durch Unterbrechungen am Arbeitsplatz verloren geht, indem sie versuchen, schneller zu arbeiten, was „mehr Stress, Frustration und Zeitdruck und einen erhöhten Energieaufwand“ verursacht. Deshalb kann eine derartige Kultur der synchronen Kommunikation schnell zu Burnout führen.
😣…führt zu ineffektiven Diskussionen und suboptimalen Lösungen. Wenn eine sofortige Antwort erforderlich ist, fehlt die Zeit, die gebraucht wird, um über bestimmte Kernfragen nachzudenken und auf diese mit durchdachten Antworten zu reagieren. Die erste Antwort, mit der du einer Situation begegnest, ist oft nicht die beste.
Vorteile eines überwiegend asynchronen Arbeitsplatzes
Die meisten Unternehmen geben sich mit Ablenkungen und Unterbrechungen zufrieden und betrachten dies als Bestandteil ihrer Geschäftstätigkeit. Es gibt allerdings einige wenige Unternehmen – wie Doist, Gitlab, Zapier, Automattic und Buffer – die sich darum bemühen, einen eher asynchronen Ansatz der Zusammenarbeit zu verfolgen. Hier sind einige der wichtigsten Vorteile, die sich daraus ergeben, dass Mitarbeitende mehr Kontrolle darüber haben, wann sie mit anderen im Team kommunizieren:
⏰Kontrolle über den eigenen Arbeitstag = glücklichere und produktivere Mitarbeitende. In einer asynchronen Umgebung gibt es keine festen Arbeitszeiten. Die Mitarbeitenden haben nahezu die vollständige Kontrolle darüber, wie sie ihren Arbeitstag – je nach Lebensstil, Biorhythmus und Verantwortlichkeiten (z. B. Kinderbetreuung) – gestalten. Einige Doister arbeiten nachts, weil es ihnen am besten passt. Ich verbringe jeden Morgen eine Stunde mit meinem Sohn und niemandem in meinem asynchronen Unternehmen fällt es auf.
🤔Qualitativ hochwertige Kommunikation im Vergleich zu unüberlegten Reaktionen. Asynchrone Kommunikation ist zwar zugegebenermaßen langsamer, aber sie ist tendenziell auch von besserer Qualität. Man lernt, klarer und präziser zu kommunizieren, um unnötiges Hin und Her zu vermeiden. Gleichzeitig hat man Zeit, ein bestimmtes Problem oder eine bestimmte Idee zu durchdenken und wohlüberlegte Antworten zu erarbeiten. Statt reflexartig reagieren zu müssen, ist es möglich, erst dann zu antworten, wenn der Zeitplan es zulässt. (Ein weiterer Vorteil ist, dass alle Zeit haben, um über ihre Antworten nachzudenken. Dadurch gibt es in der Regel weniger unreflektierte Reaktionen. In den letzten 8 Jahren hatten wir deshalb kein einziges gravierendes Personalproblem.)
💆♀️Gute Planung bedeutet weniger Stress. Wenn es keine Option ist, an Teammitglieder kurzfristige Anfragen zu stellen, die so schnell wie möglich beantwortet werden, ist eine vorausschauende Planung essenziell. Damit den Leuten im Team genügend Zeit bleibt, um sich eine Anfrage anzuschauen und darauf zu reagieren, ist es wichtig, zu lernen, das Arbeitspensum und die Zusammenarbeit im Team sorgfältiger zu planen. Auf diese Weise ist Teamarbeit mit weniger Stress verbunden, was letztendlich zu besseren Arbeitsergebnissen führt.
🔍Deep Work wird zum Standard. Da die Mitarbeitenden nicht über jede eingehende Nachricht Bescheid wissen müssen, können sie längere ungestörte Zeitblöcke einplanen. Auf diese Weise können sie Aufgaben erledigen, die den größten Wert für das Unternehmen schaffen. Anstatt ständig zwischen wichtigen Aufgaben und Nachrichten oder Meetings zu wechseln, können die Mitarbeitenden ein- bis dreimal am Tag zu ihren Nachrichten zurückkehren und diese in einem Rutsch bearbeiten.
📝Automatisches Dokumentieren und mehr Transparenz. Wenn die meiste Kommunikation in schriftlicher Form erfolgt, werden wichtige Diskussionen und Informationen automatisch dokumentiert. Das ist besonders bei Kommunikationsmitteln der Fall, die einsehbarer sind als E-Mails. Es ist dann auch einfacher, die Unterhaltungen mit anderen zu teilen oder sich später auf diese zu beziehen. Bei Doist ist es zum Beispiel nicht notwendig, nachzufragen oder zu erklären, warum eine bestimmte Entscheidung getroffen wurde oder wie ein bestimmtes Projekt läuft. Wir können stattdessen die entsprechenden Twist-Threads suchen oder auf diese verweisen.
🌏Zeitzonen-Gleichstellung. Teamkommunikation findet reibungslos über verschiedene Zeitzonen hinweg statt. Niemand muss aufgrund der eigenen Zeitzone einen Informationsnachteil befürchten. Das bedeutet, dass du dich bei der Auswahl deiner Mitarbeitenden nicht auf eine bestimmte Zeitzone beschränken musst. So kannst du ein fantastisches und wirklich vielfältiges Team mit Leuten aus der ganzen Welt aufbauen.
Die Bindung von Mitarbeitenden an ein Unternehmen ist zugegebenermaßen eine Art „Eitelkeitskennzahl“. Trotzdem denken wir, dass unsere asynchrone Unternehmenskultur einer der Hauptgründe dafür ist, dass die meisten Mitarbeitenden, die wir in den letzten fünf Jahren bei Doist eingestellt haben, noch immer bei uns sind. Unsere Bindungsquote liegt bei über 90 % und ist somit viel höher als es in der Tech-Branche üblich ist. Sogar bei einem Unternehmen wie Google – mit seinen legendären Campus-Standorten, an denen lauter Annehmlichkeiten von Gratiskantinen bis hin zu kostenlosen Haarschnitten angeboten werden – beträgt die Beschäftigungsdauer zum Beispiel nur 1,1 Jahre im Median. Die Freiheit, zu jeder Zeit und von jedem Ort aus arbeiten zu können, übertrifft die Möglichkeit, jeden Tag von Zusatzleistungen zu profitieren, die auf Spaß ausgelegt sind. Dabei kostet das unserem Unternehmen keinen Cent.
Synchrone Kommunikation ist trotzdem notwendig
Wie die meisten Dinge im Leben hat eine asynchrone Unternehmenskultur ihre Vor- und Nachteile. Doist hat sie beide erlebt.
Zu Beginn unserer asynchronen Reise haben wir die meisten Meetings auf die Schwarze Liste gesetzt. Wir hielten sie nämlich für Zeitverschwendung. Das meiste ließ sich über schriftliche Kommunikation erledigen. Doch es dauerte nicht lange, bis Brenna, unsere Marketingleiterin, einen offenen Thread darüber startete, wie wir durch das Experiment den zwischenmenschlichen Aspekt vernachlässigt hatten. Sie erklärte, wie unverbunden sie sich fühlte und dass sie es vermisste, andere Doister persönlich zu sehen.
Wir haben gelernt, dass synchrone Kommunikation dort integriert werden muss, wo sie sinnvoll ist, z. B. in Form von Einzelgesprächen oder Team-Ausflügen. Es ist schwierig, mit schriftlicher Kommunikation allein ein gutes Verhältnis und eine persönliche Beziehung aufzubauen. Mit den Worten von Daft Punk: „We are human after all“.
Hier sind einige Dinge, die wir tun, um persönliche Kontakte innerhalb des Teams aufzubauen:
📅Alle haben mindestens ein monatliches Einzelgespräch mit der jeweiligen Leitungsperson, um miteinander in direkten Kontakt zu kommen, Schwierigkeiten zu besprechen, berufliche Entwicklungsziele festzulegen etc.
🗣Wir experimentieren mit gelegentlichen Zoom-Treffen. Dort können Leute aus verschiedenen Teams zusammenkommen, um sich über Dinge zu unterhalten, die nicht unbedingt etwas mit der Arbeit zu tun haben.
🗺Wir organisieren jedes Jahr Firmen- und Team-Ausflüge, bei denen persönlichere Kontakte geknüpft werden können.
✈️Wir fliegen neue Teammitglieder aus, damit sie eine Woche lang persönlich mit einer Person aus dem Team zusammenarbeiten, die als Mentor*in zur Seite steht. So haben neue Mitarbeitende auf Anhieb das Gefühl, zum Team zu gehören und Fragen stellen zu können.
💼Wir erstatten die Kosten für Coworking-Spaces. So können unsere Mitarbeitenden auch mal aus den eigenen vier Wänden herauskommen und sich in ein büroähnliches, soziales Umfeld einbinden.
(Falls du Interesse hast, kannst du meinen Text zu dem durchaus ähnlichen Thema Remote-Arbeit und psychische Gesundheit lesen.)
Heute begrenzen wir die Anzahl der Meetings auf ein Minimum, aber setzen Meetings nicht mehr auf die Schwarze Liste. Im Moment sieht unser Kommunikationspaket in etwa so aus:
🔀70 % asynchron mit Twist, Github und Dropbox Paper
📞25 % synchron mit Tools wie Zoom, Appear.in oder Google Meet
🏝5 % Präsenzmeetings, z. B. jährliche Firmen- und Team-Ausflüge
In unserem Beitrag Die Pyramide der Kommunikationstools für ortsungebundene Teams schreiben wir noch ausführlicher darüber, wie wir untereinander kommunizieren.
Generell solltest du synchrone Kommunikation verwenden, wenn Folgendes zutrifft:
- Du möchtest ein gutes Verhältnis zu jemandem aufbauen, z. B. über ein Einzelgespräch oder Team-Meeting.
- Du musst kritisches Feedback geben oder ein anderes sensibles Thema besprechen.
- Es gibt Dinge, von denen du noch keine konkrete Vorstellung hast. Deshalb möchtest du mit einem Brainstorming verschiedene Ideen und Lösungen abwägen.
- Es sind viele dynamische Variablen im Spiel und du möchtest alle im Team schnell auf den gleichen Stand bringen, z. B. mit einem Projektstart-Meeting.
- Eine kritische Situation tritt ein, die sofortige Aufmerksamkeit erfordert, z. B. wenn Server abstürzen. Nur für solche Notfälle verwenden wir Telegram und haben dort die Benachrichtigungen jederzeit eingeschaltet.
Synchrone Kommunikation sollte die Ausnahme und nicht die Regel sein.
So baust du eine asynchrone Arbeitskultur in deinem Team auf
Ein Wechsel von synchroner zu asynchroner Kommunikation geschieht nicht über Nacht. Dafür muss es einen tiefgreifenden Wandel in Bezug auf Tools, Prozesse, Gewohnheiten und Kultur geben. Hier sind einige konkrete Schritte, die du als Einzelperson und als Teamleitung befolgen kannst, um den Wandel einzuleiten.
Dinge, die du als Einzelperson tun kannst:
💬 Pflege eine intensive Kommunikation („Overcommunicate“). Sorge dafür, dass du vor dem Abschicken einer Nachricht so viele Informationen wie möglich aufnimmst. Visualisiere Dinge mit Screenshots oder Screencasts. Gib klar an, was du von der anderen Person benötigst und wann die Deadline ist. Nimm dir ein paar Minuten länger Zeit, um Details hinzuzufügen, und überarbeite eine Nachricht vorab so, dass sie Klarheit schafft. So sparst du dir in einem asynchronen Arbeitsumfeld das tagelange Hin und Her.
⏳Plane im Voraus, damit andere genug Zeit haben, um über deine Nachricht nachzudenken. Schreibe zum Beispiel: „Ich möchte dies in zwei Tagen fertigstellen und würde mich vorher über deinen Input freuen“. Vermeide: „Ich brauche dein Feedback spätestens in einer Stunde“.
📄Überprüfe vorher immer die Freigabeeinstellungen für Dokumente. Das klingt vielleicht nach einer Kleinigkeit. Doch wenn zunächst nach dem Zugang zu einem Dokument gefragt werden muss, kann es zu stunden- oder sogar tagelangen Verzögerungen kommen.
👈Erstelle vor Meetings einen Thread oder ein Dokument. Teile vor Meetings alle relevanten Informationen und bespreche die Kernthemen, damit alle genau wissen, worum es gehen wird.
👉Dokumentiere nach Meetings die Diskussionen und Ergebnisse. Füge Informationen zu einem Thread oder Dokument hinzu, damit Leute, die nicht dabei sein konnten, über alles Bescheid wissen. Wir haben zum Beispiel angefangen, unsere Meetings als Video aufzuzeichnen, damit einige zumindest asynchron „teilnehmen“ können.
🔕Schalte Benachrichtigungen aus. Integriere stattdessen Zeitblöcke in deinen Tag, in denen du dich um E-Mails und Nachrichten kümmerst.
🤔Nutze Wartezeiten produktiv. Wir haben festgestellt, dass das Warten auf eine Antwort kein großes Problem darstellt. Es ist nämlich immer möglich, zwischenzeitlich an etwas anderes zu arbeiten.
Dinge, die du als Teamleitung tun kannst:
✍Fördere Schreiben und Kommunikation als zu erlernende Kernkompetenzen. Dadurch gibt es weniger Hin und Her und die Leute im Team können schneller zum Kern der Dinge vordringen. An einem asynchronen Arbeitsplatz müssen alle gut schreiben können.
👏Bewerte Mitarbeitende auf der Grundlage ihres Outputs und ihrer Ergebnisse. Bewerte sie nicht danach, wie schnell sie antworten oder wie viele Stunden sie arbeiten. Wir haben an anderer Stelle mehr darüber geschrieben, nach welchen Kriterien die Produktivität der Mitarbeitenden gemessen werden sollte.
⏱Schaffe feste Arbeitszeiten und Ortsgebundenheit ab. So entsteht die Möglichkeit, Leute von überall auf der Welt einzustellen. Gleichzeitig wechselt dein Unternehmen auf natürliche Weise zu einer asynchronen Kommunikation. Es ist nämlich nicht mehr möglich, Teammitglieder einfach auf die Schulter zu tippen.
🤝Hebe Vertrauen, Organisation, Unabhängigkeit und Eigenverantwortung hervor. Ohne diese Werte ist asynchrone Kommunikation zum Scheitern verurteilt. Einer der zentralen Werte bei Doist ist zum Beispiel, dass Teammitglieder sich darauf verlassen können, dass man Aufgaben pünktlich erledigt und sich an Verabredungen hält. Brenna, unsere Marketingleiterin, hat noch ausführlicher darüber geschrieben, wie an einem ortsungebundenen und hauptsächlich asynchronen „Arbeitsplatz“ Vertrauen aufgebaut werden kann.
👩⚖️Führe das Modell Directly Responsible Individual (DRI) zur Teamführung und Entscheidungsfindung ein. Das DRI-Modell konnte durch Apple an Beliebtheit gewinnen. Es gibt vor, dass eine einzelne Person immer eindeutig für einen bestimmten Bereich oder ein bestimmtes Projekt innerhalb eines Unternehmens verantwortlich ist. Diese Person macht nicht alles selbst. Sie organisiert vielmehr das Team oder Projekt, trifft wichtige Entscheidungen und ist im Allgemeinen für den Zeitplan und die Ergebnisse verantwortlich. Je mehr du die Anzahl der Personen reduzierst, die an einer Entscheidungsfindung beteiligt sind, je mehr Zuständigkeiten du dezentralisierst und je stärker du auf Eigenverantwortung setzt, desto effizienter kann dein Team arbeiten. Dies gilt für jedes Unternehmen, ist aber besonders in einem asynchronen Arbeitsumfeld erfolgsentscheidend.
⌛️Lege als teaminterne Regel fest, innerhalb welchen Zeitraums eine Antwort zu erwarten ist. Bei Doist erwarten wir zum Beispiel, dass Teammitglieder binnen 24 Stunden antworten.
📄Mache Transparenz zur Priorität. Bei Doist können zum Beispiel alle zentralen Diskussionen eines Teams auch von Leuten aus anderen Teams gelesen werden. Dies gilt ebenfalls für Führungsdiskussionen. Durch Transparenz gehen wichtige Unterhaltungen oder Entscheidungen an niemandem vorbei. Alle können effizienter und unabhängig arbeiten, weil nicht ständig nach zusätzlichen Informationen gefragt werden muss.
🛠Verwende Tools, die Transparenz, Deep Work und asynchrone Kommunikation fördern, z. B. Pull-Requests bei GitHub, Basecamp-Unterhaltungen und Twist-Threads. Verzichte für die interne Kommunikation auf E-Mails. Zwar kann die Kommunikation über E-Mails asynchron stattfinden, doch gehen Informationen in den privaten E-Mail-Posteingängen einzelner Personen verloren. Wenn wichtige Informationen nicht gefunden werden können, ist effiziente Zusammenarbeit nur eingeschränkt möglich. Hier erfährst du mehr über die Fallstricke von E-Mails in der Teamkommunikation.
🚨Richte Kommunikationskanäle für Notfälle ein. Bei Doist nutzen wir Telegram als Notfallmechanismus. Wir haben auch die Telefonnummern aller Mitarbeitenden. Diese verwenden wir ein paar Mal im Jahr. Die meisten Dinge sind aber nicht dringend und erfordern keine sofortige Antwort.
Der Weg vom Status quo zur Asynchronität ist dornenreich
Uns ist bewusst, dass wir den Status quo hinterfragen und dass ruhige, asynchrone Kommunikation nicht der aktuellen Norm entspricht. Um das zu ändern, ist ein Paradigmenwandel notwendig.
Nach unserer Einschätzung werden es in Zukunft die erfolgreichsten Unternehmen und Teams sein, die diesen Wandel vollziehen. Erfolgreich werden besonders solche sein, die von ihren Mitarbeitenden nicht verlangen, ständig erreichbar zu sein; die asynchrone Kommunikation vorziehen, um Raum für konzentriertes Arbeiten zu schaffen; und die ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, abzuschalten und neue Energie zu tanken. Wir erzählen immer gern von unserem Weg zu einer asynchronen Arbeitskultur. Hoffentlich konnten wir dir auf diese Weise die Anregung geben, diesen Weg für dich selbst zu erkunden.
Uns interessiert, was du darüber denkst. Schicke uns unten deine Fragen und Kommentare.
(Übersetzung: Alexandra Wiese)